Anke Engelke und das Sushi vom anderen Stern
Das Interview wurde von der Redaktion im Winter 2022 geführt
Biografie Anke Engelke
Anke Engelke, geboren 1965 in Montreal, wohnhaft in Köln, moderierte TV- und Radiosendungen, gehörte zum Ensemble der Sat.1-„Wochenshow“, ihre Reihe „Ladykracher“ gilt mit 8 Staffeln als erfolgreichstes deutsches Sketchformat. Im Kino ist Anke Engelke zurzeit in der Hauptrolle in dem experimentellen Film „Mutter“ zu sehen, zuletzt auch in „Eingeschlossene Gesellschaft“ und „Der Onkel“. Die vom SWR beauftragte Doku-Serie „Wir können auch anders“ (Regie u.a. Lars Jessen & Laura Lo Zito) gibt es seit 20. März 2023 in der ARD Mediathek. Anke Engelke ist die deutsche Stimme von Pixars Dorie und von Marge in „Die Simpsons“, gehört zum Team der Kinderfernsehreihe „Sendung mit dem Elefanten“, bildet mit Kristian Thees das Podcast-Team von „Wie läuft der Tag, Liebling?“ und ist mit den Leseprogrammen „obstinate, headstrong girl!“ (mit Carolin Emcke), „Komisch!“ (mit Iris Berben) und „More Letters of Note“ (mit Devid Striesow und Jörg Thadeusz) unterwegs. Anke Engelke engagiert sich seit 2003 als Botschafterin für das Medikamentenhilfswerk action medeor.
Foodie: Liebe Anke Engelke, Sie stehen auf Bühnen, vor der Kamera, haben gerade für eine Dokumentation mit dem Titel „Wir können auch anders“ gedreht. Für sich selbst haben Sie klare Richtlinien aufgestellt, auch beim Essen. Was fällt Ihnen dieser Tage so im Alltag auf?
Anke Engelke: Zuallererst eine unglaublich schöne Entwicklung; mehr und mehr Menschen nehmen wieder wahr, dass es sich lohnt, auf direktem Weg zu kommunizieren und sich beim Reden in die Augen zu schauen. Ich sehe auch Leute wieder mit einem Buch in der Bahn sitzen, und man spricht einander an, versucht, Kontakt aufzunehmen. Ich sehe da eine neue Freude am Austausch ...
Foodie: ... der in einer Zeit der eindimensionalen Meinungen ja auch bitter nötig ist.
Anke Engelke: Vielleicht. Zum Austausch gehört aber auch ein genaues Hinsehen und Hinhören. Wir Menschen haben verstärkt die seltsame Eigenschaft, schnell zu urteilen oder auch zu verurteilen, zu allem haben wir sofort eine Meinung. Ich finde es schön, einfach mal gar nichts zu sagen – oder zu sagen, dazu weiß ich jetzt gerade nichts – oder – lass mich überlegen.
Foodie: Stehlen wir uns damit nicht aus der Verantwortung?
Anke Engelke: Wir leben in einer Demokratie, alle müssen sagen dürfen, was sie denken oder fühlen. Kritik sollte aber nicht von Interessen oder Hass geleitet werden, sondern zugewandt und empathisch sein. Ich selbst sehe alles von einer wohlwollenden Seite – das gefällt mir als Haltung einfach besser – und ich bin die Letzte, die meckert oder schimpft. Im Gegenzug bin ich die Erste, die begeistert ist, wenn es sinnvolle Alternativen gibt.
Foodie: Nennen Sie uns ein Beispiel!?
Anke Engelke: Fliegen und Autoverkehr versuche ich für mich zugunsten von Klima und Umwelt zu vermeiden. In Deutschland und Europa fahre ich mit den Öffentlichen und der Bahn. Da kann ich arbeiten, lesen, dösen, was schauen – für mich ist das totaler Luxus. Wer sich das nicht leisten kann – und dafür habe ich volles Verständnis –, wer keine Zeit oder Muße hat, muss es nicht tun. Ich meckere über keinen, der fliegt.
Foodie: Es heißt, Sie würden mit keinen Firmen arbeiten, deren Ethik oder Produkte Sie nicht überzeugten. Und Sie würden auch nicht in Kantinen essen.
Anke Engelke: Stimmt, beides. Allergrößten Respekt habe ich trotzdem vor Menschen, die in Kantinen kochen und essen – das gehört sich in meinen Augen nicht, das zu verurteilen. Es ist wie beim Catering beim Film, man hat ein minimales Budget, und dafür müssen so viele Menschen zufrieden und satt gemacht und genährt werden, dass sie ordentlich arbeiten können. Ich selbst bin allerdings in der privilegierten Lage, mir zu Hause selbst was zu schmieren oder zu kochen – und ab in die Tupperdose und zur Arbeit.
Foodie: Seit Ihrem Teenager-Alter sind Sie Vegetarierin – was kochen Sie so zum Mitnehmen?
Anke Engelke: Jetzt bin ich Veganerin! Für mich war das der nächste logische und auch politische Schritt. Mitte der 80er-Jahre haben mich die ersten Berichte über Massentierhaltung und Tiertransporte dazu gebracht, vegetarisch zu essen. Da war ich 13 und ein bisschen moppelig. Jetzt kommt die massive Zerstörung von Naturräumen und Umwelt durch Fleisch produzierende Konzerne dazu. Das will ich alles nicht! Und da ich gern koche, backe und Neues ausprobiere, kommt mir die vegane Ernährung entgegen: Gemüse kann man in allen Varianten vorbereiten und mitnehmen, ob jetzt roh, als zubereiteten Salat oder als Ratatouille vom Vortag.
Foodie: Sie wissen schon, dass es gerade große Konzerne sind, die viele vegane Ersatzprodukte herstellen?
Anke Engelke: Absolut! Wer vegan isst, sollte sich darüber informieren, wie man Zusatzstoff-Angaben liest. Auf der Verpackung von veganen „Würsten“ etwa steht ganz viel drauf – auf einem Apfel steht nichts! – und je mehr hinten draufsteht, desto schlechter. Ich empfehle jedem den Besuch im etwas rumpeligen, zauberhaften Deutschen Zusatzstoffmuseum auf dem Hamburger Großmarktgelände…
Foodie: Veganismus ist ja tatsächlich als politische Bewegung entstanden. Wie radikal sind Sie?
Anke Engelke: Radikal bin ich nicht, ich trage ja Schuhe aus Leder, ich esse auch Honig. Aber tierische Produkte sind raus aus meinem Ernährungsplan, alles, was ich liebte: Käse! Eierspeisen! Ich kann nicht mehr guten Gewissens für Tierethik in Laboren eintreten, da ich zu oft mit Produkten geschminkt werde, von denen ich nicht weiß, ob sie animal friendly entwickelt wurden. Jeder sollte selbst den für sich richtigen Weg finden.
Foodie: Zurück zur Tupperdose für die Arbeit – was kommt da rein?
Anke Engelke: Ich koche und bereite unglaublich gern vor. Etwa Quinoa-Salat mit Roter Bete, Feldsalat und Sprossen (je regionaler, desto besser: Quinoa wird inzwischen auch in Deutschland angebaut!) oder halbierte, im Ofen mit Olivenöl gegrillte Spitzpaprika, die ich anschließend mit Datteln oder Brokkoli fülle. Eins meiner Lieblingsgerichte ist mein griechischer Auberginensalat: Die Auberginen einpiksen, grillen, dann nur das heiße Innenleben nehmen und mit gegrillter Paprika mischen. Und jetzt kommt’s, die Marinade: einige Knoblauchzehen, richtig gutes Olivenöl, Salz und Pfeffer und eisenhart etwas Apfelessig in den Mixer. Das wird eine wunderbar sämige, fast Mayo-artige Sauce. Die kommt über das Auberginen-Paprika-Püree, Salz, Pfeffer, Petersilie und gehackte Frühlingszwiebeln obendrauf. Das ist so lecker! Und schmeckt auch noch nach zwei Tagen gut. Das alles kommt in den Kühlschrank. Bevor ich zur Arbeit gehe, nehme ich mir eine meiner Tupperdosen – alle aus Glas oder Keramik, kein Plastik (!) – mit verschiedenen Fächern und fülle hinein, auf was ich gerade Lust habe. Ein Fach wird zusätzlich mit Rohkost gefüllt; zwei geschnittene Möhren, zwei Äpfel. Wenn ein langer Tag ansteht, mach ich mir noch ‘ne Stulle mit gegrillten Paprika oder Auberginenscheiben, oben und unten ein Salatblatt, damit es nicht suppt.
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Foodie: Jetzt sind Sie aber auch Mutter, haben Familie, Kinder. Wie funktioniert ein veganer Haushalt?
Anke Engelke: Ich halte im Kühlschrank auch immer süße oder deftige Optionen bereit. Ein Hit ist mein veganer Apfelkuchen. Und gerade gestern habe ich einen großen Topf vegane Tomatenfarce gekocht, dazu Bolognese aus Sojahack mit viel frischem Thymian und Majoran. Das Hack kommt in eine separate Dose. Jeder kann das mixen und dosieren, was er will. Da sind auch wieder bei der Einstiegsfrage nach einem neuen Miteinander. Innerhalb der Familie, der Wohngemeinschaft, der Firma können Schnittmengen gefunden werden, indem man aufeinander zugeht, zuhört: Was brauchst du, mir würde das gefallen ... So kommen wir alle viel weiter, als wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht – oder für alle die gleiche Suppe gekocht wird. Beides ist falsch.
Foodie: Sie sind demnächst in einer Doku-Serie zu sehen, in der sinnvolle Alternativen für uns alle aufgezeigt werden.
Anke Engelke: In sechs Folgen machen sich drei Reporter:innen-Paare unter dem Motto „Wir können auch anders“ auf die Suche nach Menschen, die vorführen, was alles geht, wenn wir zusammenhalten und Dinge nicht einfach so hinnehmen. In Gent etwa haben wir mit dem stellvertretenden Bürgermeister gesprochen, der die Innenstadt vom Verkehr befreit hat – überall in Flandern folgt man nun seinem Vorbild. Und an der dänischen Grenze hat sich ein ganzer Ort unisono von Gas und Öl losgesagt und setzt auf eigene Solar- und Windanlagen. Mittlerweile wird überschüssige Energie zurück ins Netz gespeist und vom Gewinn die Gemeinde aufgebaut, so hat jedes Kind jetzt ein Musikinstrument, die Feuerwehr ist neu ausgerüstet, und auch das Gasthaus ist wieder offen und lebendig.
Foodie: Das macht Mut! Letzte Frage: Wo in Köln gehen Sie gern hin, wo kaufen Sie ein?
Anke Engelke: Wahnsinnig gerne geh ich ins „Maki Maki Sushi Green“ (www.sushigreen.de), einen veganen Sushi-Laden zwischen Neumarkt und Barbarossaplatz, das Sushi dort ist von einem anderen Stern. Zum Einkaufen gehe ich gern auf die Biomärkte in der Südstadt. Am liebsten bin ich aber auf dem Ökomarkt (www.oekomarkt.de), wenn er auf dem Severinkirchplatz ist.