Fritzi Haberlandt im Interview
Dieses Interview wurde von der Redaktion im Sommer 2020 geführt.
Fritzi Haberlandt: Wie schön, in einem Interview endlich einmal über Essen zu reden!
FOODIE: Warum, liebe Fritzi?
Fritzi Haberlandt: Weil mich gutes Essen und Kochen gerade getragen haben. So viel gab es in diesem Sommer ja nicht, über das man sich freuen konnte. Drehs und Reisen waren abgesagt; auch habe ich vermisst, mich schön zu machen und auszugehen. Gerade das Kochen aber hat dem Tag Struktur gegeben, und ich habe es genossen, mir am Herd Mühe zu geben. ‘Ne große Köchin bin ich vorher nicht gewesen. Das hat sich aber total geändert.
FOODIE: Und was gab‘s zu essen?
Fritzi Haberlandt: Bei uns in der Nähe ist das Ökodorf Brodowin und auch das Gut Kerkow von Sarah Wiener. Die tollen Produkte von dort haben uns gerettet. Absolutes Highlight der Woche war, wenn samstags die Kiste aus Brodowin kam: die Butter toll, der Joghurt toll – und dieses Gemüse! Aber auch der Speck von Gut Kerkow! Mit echten Landeiern ein Hochgenuss! Ich esse aber eher gemüselastig. Yotam Ottolenghi ist gerade mein großer Star. Sein Kochbuch „Simple“ habe ich hoch und runter gekocht. Diese einfachen Sachen in Top-Qualität habe ich wieder zu schätzen gelernt.
FOODIE: Du lebst mit deinem Mann auf dem Land in Brandenburg.
Fritzi Haberlandt: Ja, im Grünen, richtig im Dorf. Mein Mann ist Drehbuchautor und schreibt den ganzen Tag. Ich habe für Rollen gelernt. Wir waren ganz auf uns gestellt. Irgendwann haben wir dann – total spießig – feste Essenszeiten festgelegt … und nicht wie sonst: „Huch, schon halb drei, man müsste jetzt echt mal was essen.“ Wir haben uns dann jeden Tag um Punkt halb zwei gemeinsam zum Mittagessen an den Tisch gesetzt.
FOODIE: Bio, regional, nachhaltig – wie wichtig ist dir das?
Fritzi Haberlandt: Seit diesem Sommer sehr. Das ist der Luxus, den ich mir jetzt tatsächlich leiste. Sowohl Brodowin wie auch Gut Kerkow sind schon teurer. Man bekommt dafür aber Lebensqualität und hat ein gutes Gefühl. Mein Ideal ist es, die Dinge zu essen, die gerade um mich herum wachsen. Auch in der Branche reden wir verstärkt über gutes, gesundes und nachhaltiges Essen. Bei Drehs sind wir Schauspieler ja auf Catering angewiesen. Wir wollen keine fleischlastigen Buffets mehr, die eher Energie rauben. Auch da, hoffe ich doch, ist etwas in Bewegung gekommen. Ich habe angefangen, in meinem Garten selbst anzupflanzen. Heute habe ich meine ersten eigenen Roten Beten geerntet und gebacken. Ich liebe Rote Bete.
FOODIE: Was magst du gar nicht?
Fritzi Haberlandt: Eintöpfe, Brei, Sachen, bei denen jeder Löffel gleich schmeckt. Da habe ich ein Trauma. Ich bin ja in der DDR, in Ost-Berlin, groß geworden, und vom Schulessen bin ich geschädigt. Bei schlecht gekochter sogenannter gutbürgerlicher Küche stellen sich mir die Nackenhaare auf. Zu Hause allerdings wurde gut gekocht. Ich bin mit zwei Küchen aufgewachsen, der thüringischen und der indonesischen.
FOODIE: Wie kam das?
Fritzi Haberlandt: Meine Oma müttlicherseits ist in Indonesien geboren. Mein Urgroßvater war dorthin ausgewandert. Infolge der Kriegswirren ist sie Ende der 40er-Jahre nach Deutschland gekommen. Lustigerweise hat sie selbst zu DDR-Zeiten immer – so gut es ging – indonesisch gekocht. Das war spannend für uns, da wir ja nie dort gewesen waren. Die Großeltern väterlicherseits kommen aus Thürigen. Thüringer Klöße liebe ich leidenschaftlich. Die gibt es bei mir sogar im Hochsommer. Das Gulasch von Gut Kerkow passt dazu hervorragend. Und das Ganze noch mit Ketjap!
FOODIE: Ketchup?
Fritzi Haberlandt: Nein, Ketjap – indonesische Sojasauce, die echte, süße! Bis heute erkennt man die richtigen Haberländter in unserer Familie daran, dass sie immer eine Flasche zu Hause haben. Da wird auch immer rumgefackelt: „Meine ist bald leer, bestellst du mal wieder … oder soll ich?“
FOODIE: Woher genau aus Ost-Berlin kommst du?
Fritzi Haberlandt: Aus Köpenick. Wir haben dort in Friedrichshagen am Müggelsee gewohnt, meine Heimat. Gerade die Bölschestraße, die alte Hauptstraße, hat nach wie vor viel Kieziges. Das liebe ich sehr. Es gibt dort sogar noch einen richtigen handwerklichen Bäcker, die „Dresdner Feinbäckerei & Konditorei“, dort im Café sitze ich bis heute gerne. Die Blechkuchen mit Obst aus Brandenburg, Kirschen oder Mirabellen, sind die besten.
FOODIE: Dein weiterer Lieblingsort in Berlin?
Fritzi Haberlandt: Mein Favorit ist „Clärchens Ballhaus“. Es wurde Anfang des Jahres geschlossen und verkauft. Seit ein paar Tagen ist es wieder geöffnet. Ich habe aber Angst, hinzugehen. Die Fotos im Netz sehen gut aus, aber man weiß ja nie …
FOODIE: Ich kann versichern: Es ist so geblieben, wie es war, die Patina ist erhalten. Es gibt sogar wieder die guten Königsberger Klopse.
Fritzi Haberlandt: Das Lieblingsgericht von meinem Mann! Das ist die beste Nachricht seit Langem. Ich dachte, auch „Clärchens“ verschwindet. Kommende Woche bin ich dort. Ich bin glücklich.
Steckbrief Fritzi Haberlandt
Die Theater- und Filmschauspielerin Fritzi Haberlandt, 45, wuchs in Ost-Berlin auf. Sie stand im Thalia Theater in Hamburg und im Berliner Maxim-Gorki-Theater auf der Bühne. Auf der Leinwand beeindruckte sie u. a. in „Erbsen auf halb 6“ und in „Nebel im August“. Seit 2017 tritt sie in „Babylon Berlin“ auf (Free-TV-Premiere von Staffel 3 ab 11. Oktober in der ARD). In „Deutschland 89“, der finalen Staffel der Erfolgsserie, wird sie ab 25. September auf Amazon Prime als die Potsdamer Ärztin Tina zu sehen sein. Sie lebt mit ihrem Mann, dem Filmregisseur und Drehbuchautor Henk Handloegten, in einem Dorf in der Schorfheide nördlich von Berlin