Nachhaltige Start-ups
Ökologisch Unterwegs
Abenteuerlustig zieht Pippi Langstrumpf ins Taka-Tuka-Land, räumt dabei alle Hindernisse kreativ aus dem Weg – und ist damit ein Vorbild für Alexandra Herget (32) und Franziska Altenrath (31) aus Hamburg: Nach Astrid Lindgrens Heldin benannten sie ihr Start-up: TUTAKA – und haben sich fast genauso viel vorgenommen wie sie.
Die beiden Start-up-Unternehmerinnen bieten nachhaltige Produkte und Lösungen für Hotellerie und Gastronomie. Zum Beispiel Slipper: „Ein Mittelklasse-Hotel kann mitunter 10 000 Stück im Jahr verbrauchen“, erzählt Franziska. Das Problem: Die weißen Schlappen bestehen aus einem Materialmix wie Kunststoff, Nylon und Styropor, der nicht kompostierbar und recycelbar ist. „Slipper sind ein Symbol für alles, was in der Branche schieflaufen kann“, meint Franziska.
Daher haben sie Alternativen aus Leinen ohne Plastikanteil im Angebot, das sehr breit gefächert ist: von Biotrockenseife-Spendern, Namensschildern und Türanhänger aus Restholz einer Schreinerei über Mehrwegbecher, essbare Eislöffel bis zu individuell zugeschnittenen Schürzen für Köche und Baristas.
Nachhaltige, fair und klimafreundlich
Seit 2018 bauen die beiden Unternehmerinnen ein Netzwerk aus Lieferanten auf, die nachhaltige und klimafreundliche Produkte unter fairen und menschenwürdigen Bedingungen herstellen, bewusst halten sie Ausschau nach Handwerksbetrieben, die am globalisierten Markt oft keine Chance mehr hätten. Im Frühjahr 2020 brachten sie ihr nachhaltiges Start-up TUTAKA auf den Markt – und wurden jäh gestoppt durch den Ausbruch der Pandemie. „Unsere Zielgruppe hatte da natürlich ganz andere Sorgen“, sagt Franziska. Die Zeit nutzten sie, um ihren Online-Marktplatz aufzubauen. Die Produzenten wie auch ihre Kunden (Restaurants und Hotels) stammen derzeit aus Deutschland und Europa, die Wachstumskurve geht nach oben – mit Hotelslippern als Bestseller.
Ihr Tipp
Fragt Gastgeber, woher das Geschirr stammt, wie sie mit Müll umgehen, woher der Strom kommt. Nachfragen von Kunden bewirken Veränderungen!
Zarte Pflänzchen
Wer kennt das nicht: Für Caprese ein Topf Basilikum gekauft, ein paar Zweige abgezupft, Topf vergessen, Kräuter tot. Auch den Hamburger Studienfreunden Ben Märten (28), Felix Witte (28) und Pablo Reimers (32) ging es viele Male so – und der Ärger über das Ex-und-Hopp-System wuchs. „Der Müll, der hier anfällt, ist absurd. Wir drei sind Ingenieure, also Optimierungsfanatiker, wir wollten das ändern“, erzählt Ben. Aus der Alltagsbeobachtung entwickelte er mit seinen Freunden schnell eine clevere Businessidee, ganz im Sinne des Trends „Home Gardening“: simplePlant heißt ihr Start-up, smartGarden das Produkt. In konzentrierter Tüftelarbeit entwickelten die drei einen Kräutergarten für zu Hause, der ganzjährig blüht. Kostenpunkt 390 Euro.
Dabei werden kompostierbare Samenkapseln für Kräuter, Chilis, Tomaten und Salate in eine Lösung aus Wasser und Nährstoffen gegeben, unter LED-Licht wachsen sie in wenigen Wochen zu frischen Vitaminlieferanten heran. Über Bluetooth ist das Hydrokultursystem direkt mit dem Handy der „Heimgärtner“ verbunden. Die Sensoren überwachen den Füllstand und den Nährstoffgehalt der Pflänzchen, und man sieht dann in der App, wie viel Wasser und Dünger benötigt wird. Weiteres Plus: Das Beet ist hochwertig verarbeitet mit Edelstahl, Aluminium und einem stabilen Kasten aus unbehandeltem Eichenholz aus Deutschland. „Alles wird in Deutschland gefertigt“, freut sich Ben. So braucht man keinen Balkon (und keinen grünen Daumen!), um ganzjährig frisches Grün zu ernten – ohne lange Transportwege.
Bei aller Euphorie musste das Trio aber auch Rückschläge einstecken: Die Rohstoff- und Lieferkrise, bedingt durch Corona, betraf auch sie. „Man kann noch so viel im Detail planen, die Realität erwischt einen dann doch“, sagt Ben. Trotzdem ist seine Bilanz positiv: Die erste Charge ist ausverkauft, die Jungunternehmer können sich Gehälter auszahlen, und die aktuelle Crowdfunding-Aktion läuft.
Ihr Tipp
Gieße nicht zu viel auf einmal, sonst ersticken deine Kräuter/Pflanzen!
Eine nachhaltig scharfe Idee
Sie sehen aus wie richtig teure japanische Messer mit edlem Holzgriff – sind aber äußerst preiswert und reines Upcycling: die Messer des Start-ups Black Chili. Mo Mez und sein Bruder Flo haben damit eine wortwörtlich scharfe Idee realisiert. Die beiden Freiburger haben sich sowohl für edle Messer begeistert, wie auch für die vietnamesische Küche und konnten beide Leidenschaften genial verbinden: Bei einer Motorradtour durch Vietnam sahen sie, dass die Dorfbewohner dort kaum etwas wegwerfen. Alte Reisbehälter etwa werden zu Schüsseln und Töpfen umfunktioniert.
2017 fanden sie eine Messerschmiede in Nordvietnam, die nach Vorgabe der beiden Deutschen feine Messer aus alten LKW-Blattfedern und alten Sägeblättern herstellt, die Griffe werden im Dorf aus Abfallholz von alten Hausbalken gedrechselt. Kupferrohrstücke bilden den Zwischenring. „Bis zu 40 Leute im Dorf sind mit der Fertigung eines Black-Chili-Messers beschäftigt“, sagt Mo. Und die Messer werden direkt gehandelt, so bleibt mehr Geld bei den Handwerkern vor Ort hängen. Die Messer sind nicht rostfrei, nach dem Benutzen ist Putzen von Hand angesagt. Dafür machen sie mit ultrascharfer Schneide Laune: „Am liebsten schneiden wir damit reife Tomaten“, sagt der begeisterte Hobbykoch Mo.
Acht Modelle, ab € 24.
Ihr Tipp fürs Nachschärfen von Messern
Klinge über die Unterseite eines Porzellantellers ziehen!