Eva Biringer: „Trinken gehörte zu meiner Identität"

Eva Biringer: „Trinken gehörte zu meiner Identität"

Ein Leben ohne Alkohol? Das war für Eva Biringer lange unvorstellbar. Die Journalistin trank fast jeden Tag, heute bleibt sie nüchtern. Was der Verzicht mit ihrem Selbstbild macht und welche Getränke sie jetzt genießt.
Datum26.04.2023

Text: Verena Kassubek 

Freitagabend, sturmfrei und eine Flasche Rum – das erste Mal trank Eva mit elf Jahren beim Partyspiel „Wahrheit oder Pflicht“. Bis dahin war sie der Inbegriff einer braven Musterschülerin in einem Dorf auf der Schwäbischen Alb. Doch mit jedem Schluck der Spirituose verschwand die „Spießer- Eva“, wie sich die Autorin in ihrem Buch „Unabhängig“ nennt, allmählich. Mit 14 trank sie dann mehr oder weniger regelmäßig und nutzte mit ihrer besten Freundin jeden Anlass für den nächsten Rausch.

Im Berufsleben ging es weiter. Als Eva vor ein paar Jahren ihren Job als Food-Journalistin anfing, war noch nicht an Dry January, Sober October oder Mindful Drinking zu denken. Zum Pressedinner gab es immer eine alkoholische Getränkebegleitung, ein Besuch in der Brennerei verlief nicht ohne Verkostung der Schnäpse, und sie selbst entwickelte eine Expertise für Weine. Alkohol war ein fester Bestandteil ihres Lebens: „Trinken gehörte zu meiner Identität. Ich wusste gar nicht, wer ich ohne Alkohol bin.“

Lange trank die 33-Jährige, um sich tough, stolz und emanzipiert zu fühlen. Rückblickend erkennt sie, dass das Gegenteil der Fall war: „Ich konnte mir selbst nie trauen. Was mache ich, wenn ich wieder zu viel trinke? Wie komme ich nach Hause? Bei wem wache ich auf? Betrunken konnte ich viel weniger für mich einstehen.“ 

Wie Eva Biringer wieder zu sich selbst findet

Nach einer Gruppentherapie trinkt Eva heute keinen Alkohol mehr: „Seitdem ich nicht mehr alles betäube, kann ich endlich Selbstliebe praktizieren.“ Dazu gehört für die Journalistin, auf ihren Körper und ihre Gefühle zu achten. Sie geht gerne joggen, wandert und macht regelmäßig Yoga. Auch traurige Stimmungen kann sie jetzt zulassen und verdrängt diese nicht mehr – die gute Laune überwiegt jedoch. Genuss spielt für Eva aber weiterhin eine wichtige Rolle: „Ich will auch nicht nur Wasser trinken.“ Ihr Barwagen im Wohnzimmer ist gefüllt mit alkoholfreien Getränken. Sie schwärmt von Jörg Geigers PriSeccos, trinkt gerne einen Nogroni mit Laori und probiert sich durch neue Kreationen wie die fermentierten Drinks von Muri oder die auf Tee und Gewürzen basierten Getränke von Ambijus.

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Doch was ist, wenn die Umgebung auf den Alkoholverzicht trotzdem mit Unverständnis reagiert? Eva findet, dass entwaffnende Ehrlichkeit oder eine Notlüge helfen können: „Ich trinke nicht, weil ich ein Problem mit Alkohol habe” oder „Ich nehme gerade Medikamente“, zum Beispiel. Am Ende sollte niemand aus gesellschaftlichem Zwang trinken, sondern eine bewusste Entscheidung treffen. Und Alkohol schon gar nicht als Pflicht verstehen.

3 gute Gründe für Eva Biringer, auf Alkohol zu verzichten

  • Besser schlafen: Durchschlafen und ohne Kater aufwachen
  • Besser denken: Ohne Alkohol ist mehr Platz für sinnvolle Gedanken
  • Besser schmecken: Der Sinn für Geschmack ist viel intensiver
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