"The Taste"-Coach Alexander Herrmann: "Bei Kohlenhydraten flippt mein Körper aus"

Alexander Herrmann: "Bei Kohlenhydraten flippt mein Körper aus!"

Der Kochwettbewerb "The Taste" geht in die nächste Runde. In der Jubiläums-Staffel wird bereits zum zehnten Mal der beste Löffel Deutschlands gesucht. Wir haben vorab mit Sternekoch und Coach Alexander Herrmann gesprochen. 
Datum21.09.2022

"The Taste" feiert runden Geburtstag! SAT.1 lässt zum zehnten Mal talentierte Köch:innen gegeneinander antreten. Sternekoch, Hotelier und Kochbuch-Autor Alexander Herrmann ist seit der ersten Sendung als Coach bei dem TV-Kochwettbewerb dabei – und stolz darauf. Wir haben mit ihm über den perfekten Löffel, Food-Trends und seine Ernährungsweise gesprochen. Außerdem verrät er uns, bei welchem Gericht er immer wieder schwach wird...

"The Taste" (SAT.1) ist für Alexander Herrmann die emotionalste TV-Show

Der Sieger der 4. Staffel "The Taste" im Jahr 2016 Marco Zingone mit Coach Alexander Herrmann

Foodie: Alexander, du bist seit Beginn der Sendung Juror bei “The Taste”. Jetzt läuft schon die zehnte Staffel – die Jubiläums-Staffel. Was bedeutet dir die Show?

Alexander Herrmann: Ich freue mich wahnsinnig darüber, dass ich Teil des Ganzen sein kann und bisher jede Staffel mitmachen durfte. “The Taste” ist die Sendung, die mir am meisten Spaß macht und die mich emotional am meisten mitnimmt.

Foodie: Was macht für dich einen perfekten Löffel aus?

Alexander Herrmann: Es gibt natürlich einen ganz klaren Unterschied, ob ich auf einem Teller oder einem Löffel anrichte. Auf einem Löffel müssen die Proportionen der einzelnen Lebensmittel schon sehr clever gewählt sein. Es darf zum Beispiel nicht zu kleinteilig sein. Brunoise, also kleinste Gemüsewürfelchen, sind auf einem Teller toll, aber auf einem Löffel sind sie eher wie kleine Bremsklötze, denn sie zerfallen einfach nur im Mund. In der Regel reichen drei Hauptakteure auf dem Löffel. Zudem muss jedes Produkt auf dem Löffel eine Aufgabe haben. Also eins darf zum Beispiel die Säure bringen, eins die Würze und eins Röststoffe. Die Challenge besteht darin, den Löffel so abzustimmen, dass er eine Harmonie ergibt.

Foodie: Welcher Löffel aus den vergangenen Staffeln ist dir am meisten in Erinnerung geblieben?

Alexander Herrmann: Es sind weniger die einzelnen Löffel, sondern immer die Gesamtsituationen, die hängen bleiben. Ich kann mich zum Beispiel gut an das Finale mit Lisa Angermann erinnern: Wir haben das Los “Blaubeere und Kapuzinerkresse” gezogen. Alle anderen hatten Lose, bei denen die Zutaten gut miteinander harmonieren, aber bei unserem wussten wir nicht, wie wir das lösen sollen. Wir haben dann drei Schälchen Kapuzinerkresse entsaftet, um am Ende etwa zweieinhalb Esslöffel puren Kapuzinerkresse-Extrakt zu haben. Auf den Löffel passt ja nicht so viel drauf. Vor allem Flüssigkeiten sind auf dem Löffel eine Herausforderung, denn sie müssen sehr reduziert sein. Dazu haben wir dann noch ein Carpaccio vom Reh gemacht und die Blaubeere haben wir noch gepickelt oder ganz leicht angeschmort und dann mit ein paar weiteren Details um die Kapuzinerkresse herumgebaut. Damit sind wir dann im letzten Moment ins Finale eingezogen. Das war einfach überragend.

Bei DER FEINSCHMECKER erfährst du mehr über alle bisherigen "The Taste"-Gewinner:innen und die Rezepte, die sie zum Sieg führten.

Foodie: Hast du ein Löffel-Thema, das gar nicht dein Ding ist?

Alexander Herrmann: Ich bekomme die Krise, wenn wir nach Formen kochen sollen, also etwas mit Kugeln, einem Zylinder oder einem Würfel machen sollen. Das hat einfach nichts mit Geschmack zu tun. Das ist eine rein optische oder gestalterische Geschichte. Keine Frage, das ist schon in Ordnung, aber es ist schon schwer.

Foodie: Wie hat sich die Sendung in den letzten 10 Jahren verändert?

Alexander Herrmann: Zum einen verändern sich natürlich die Kandidaten im Laufe der Zeit. Sie haben die Sendungen der letzten Jahre gesehen und konnten daher ein Gespür dafür entwickeln, wie ein Löffel funktioniert. Auch die Abläufe der Show wurden etwas abgewandelt. Am Anfang waren wir als Coaches nur beim Teamkochen dabei, der Gast-Juror hat die Löffel probiert. Danach kam das Solokochen, bei dem wir auch verkostet haben. Genauso wie beim Entscheidungskochen. Doch das wurde vor ein paar Jahren geändert, sodass wir nun beim Entscheidungskochen unsere Schützlinge coachen können und der Gast-Juror entscheidet, wer die Sendung verlassen muss. Das hat schon sehr viel mehr Dynamik reingebracht. Die wohl größte Neuerung kam mit Corona: Beim Teamkochen konnten wir bis dahin mitkochen und aktiv helfen. Das ist seit der Einführung der Kanzel nicht mehr möglich. Wir können nur noch schauen und beraten – das verändert unheimlich viel. Vorher bist du zu jemandem hingegangen, hast geschaut, probiert, gerührt. Jetzt bin ich zwei, drei, vier Meter entfernt und muss sagen: ”Was machst du da gerade? Zeig mir das mal!” Ich muss ganz anders coachen. Gleichzeitig kann die Leistung so noch klarer und eindeutiger dem Kandidaten zugeordnet werden.

"Ich glaube, dass die indische Küche eine der wichtigsten der nächsten zehn Jahre sein wird"

Foodie: Wer dich im Fernsehen sieht, hat eine gute Vorstellung davon, was dich als Koch ausmacht. Aber wie ernährst du dich eigentlich?

Alexander Herrmann: Meine Ernährungsform lautet: Die Dosis macht das Gift. Ich esse auch mal Pommes. Zwar selten, aber wenn, dann genieße ich sie sehr. Wir wissen außerdem alle, dass uns das Thema Gemüse in der Zukunft noch intensiver beschäftigen wird. Ich glaube, dass die indische Küche eine der wichtigsten der nächsten zehn Jahre sein wird: Sie ist eine sehr intensive Gemüseküche, zum Teil vegan und auf jeden Fall sehr gesund. Bei indischen Currys vermisse ich in der Regel weder Fleisch noch Fisch. Doch eine der gesündesten Dinge, die es gibt, sind fermentierte Produkte. Sie sind für das Mikrobiom ein richtiges Festival. In unserem 2-Sterne-Restaurant haben wir daher auch fermentierte Produkte. 

Foodie: Siehst du die Gemüseküche auch als Food-Trend?

Alexander Herrmann: Nein, als Food-Trend nicht. Ich glaube, in den nächsten Jahren geht es mehr um das Thema Handwerk. Die Leute möchten wieder hochwertigen Schinken essen, ein Schwein von einem Metzger kaufen, das wirklich sehr gut behandelt wurde oder einfach guten Käse kaufen. Eine Rinderroulade ist zum Beispiel wichtiger geworden als noch vor ein paar Jahren. Es werden wieder mehr traditionelle Gerichte verlangt, die handwerklich gut dargestellt und mit viel Mühe sorgsam zubereitet wurden.

Foodie: Was denkst du persönlich über Fleischersatzprodukte oder Fleisch aus dem 3D-Drucker?

Alexander Herrmann: Ich habe ein paar Fleischersatzprodukte gegessen, wenige waren gut. Ich verstehe nicht, warum man unbedingt ein Fleischpflanzerl aus Erbsenprotein machen muss. Aber ich sehe schon, dass Ersatzprodukte nicht aufhaltbar sind. Auch zu Fleisch oder sogar Fisch aus dem 3D-Drucker habe ich eine innerliche Distanz. Ich schlage dann eher den Weg ein, Gemüse in den Vordergrund zu bringen und Fleisch bewusster einzusetzen und dabei auf eine gute Qualität zu achten. Dann stecken auch die guten Inhaltsstoffe drin, die unser Körper benötigt. Wenn wir es wirklich schaffen, unseren Fleischkonsum um 60 bis 70 Prozent zu verringern, wäre das schon gut. In meinem 2-Sterne-Restaurant gelingt uns das.

Foodie: Worauf achtet ihr im Bereich Nachhaltigkeit?

Alexander Herrmann: Ich behaupte, dass es in Deutschland kein Restaurant gibt, in dem nachhaltiger gearbeitet wird als in unserem. Wie wir unsere Lebensmittel vorbereiten, einlegen und konservieren und dadurch den Geschmack nochmal pushen, ist einzigartig. Mehr geht derzeit nicht. Als zum Beispiel die Artischocken bei uns in Franken im Juni/Juli diesen Jahres erntereif waren, haben wir beschlossen, das Gemüse auf die Herbstkarte zu schreiben. Nach der Ernte haben wir die Artischocken geputzt, aus den Schalen haben wir einen Fond gekocht und in diesem haben wir die Artischocken eingelegt. Auch Kirschen legen wir mit Salz oder einem Kräutersud ein – so haben wir auch im Winter Kirschen. Außerdem machen wir unsere Sojasauce selbst und ein fantastisches Johannisbeerbaumöl. Das gibt es nur bei uns.

Auf Brot und Pasta könnte Alexander Herrmann niemals verzichten

Foodie: Du hast vorhin erwähnt, dass du privat auch mal bei Pommes schwach wirst. Was ist denn dein absolutes Lieblingsgericht?

Alexander Herrmann: Ich kann Pasta rauf und runter essen. Wenn ich einen Löffel Kohlenhydrate bekomme, flippt mein Körper vor Freude aus. Ich bin aber auch ein wahnsinniger Brotliebhaber. Vermutlich könnte ich eher auf Wurst verzichten als auf Brot. Auch ein Schnittlauchbrot ist für mich überragend.

Foodie: Hast du noch einen ultimativen Küchentrick/Küchenhack für uns parat?

Alexander Herrmann: Lebensmittel bleiben in Edelstahl-Pfannen häufig kleben. Dann muss die Pfanne mit Salz ausgebrannt werden. Dafür braucht ihr nichts anderes zu machen als die Pfanne auf den kalten Herd zu stellen und ganz normales Salz hineinzustreuen, bis der Boden damit bedeckt ist. Den Herd auf Vollgas schalten und sobald das Salz anfängt zu rauchen, den Herd wieder ausschalten und die Pfanne ohne Hitze etwa eine halbe Stunde abkühlen lassen. Danach einfach mit einem Küchenpapier das Salz rauswischen. Das Salz dann in eine Schüssel geben und für ein weiteres Ausbrennen aufheben. Zum Schluss die Pfanne mit ein, zwei Tropfen Öl einreiben – schon ist sie wieder sauber und ihr könnt wieder braten, ohne dass etwas kleben bleibt.

Alle Folgen der Jubiläumsstaffel von "The Taste" sind auf Joyn verfügbar.

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